Im Wald, 2005-16
Über lange Zeit habe ich mit vielen verschiedenen Themen befasst. Dann kam ich ziemlich spät zu der Einsicht, dass man mit bildender Kunst nichts ändert. Seit meinem Unfall 2014 bin ich nicht mehr bereit, mich für irgendein Thema einspannen zu lassen ganz gleich, wie sehr es auf den Nägeln brennt. Ich spiele nur noch. Ich mache Versuche. Ich probiere aus und schaue, was herauskommt. Mein Medium ist der Rechner und der Drucker.
Dabei gehe von der Linie aus. Die Linie, der Strich, der Pinselstrich, der Balken, ist an sich so komplex, dass es völlig ausreichend ist, um zu formen und zu zeichnen. Hinzu kommen, die an sich unbeschränkten Fähigkeiten des Rechners, die es möglich machen jede Art von "Strich" neu zu konstruieren.
Aus der Linie ergibt sich die Fläche. Mit der Fläche ist es ähnlich. Sie bietet eine unendliche Vielfalt und wieder vermehrt durch den Rechner.
Bilder, die mit dem Computer bearbeitet sind, sind häufig kühl und perfekt, besonders dann, wenn sie Werbung für Design-Programme sind. Meine Vorstellungen gehen in die gegenseitige Richtung: Ich suche das formal Witzige und Komische und das in der Regel wenig Perfekte. Da mir der Glaube an irgendwelche Ideologie abhanden gekommen ist, kann ich nur noch mit Vernunft blödeln. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die Primitiv-Programme, die einen zum elementaren Machen zurückführen.
Umgekehrt sind die möglichen differenzierten Abstufungen durch nichts anderes als dem Computer zu erreichen ebenso wie die räumlichen Verdrehungen, die zu neuen Raum-Konstellationen führen.
Süßes kleines Ungeheuer, 2015
Alle betatschen sich, 2015
Gratulation
Komische Begegnung, 2015
Liebespaar wird abgeleckt, 2015
Immer diese blöden Hunde-Szenen, 2017
Kopfstand mit Zuschauern, 2015
Dialog von Zweien, die sich nicht verstehen, 2017
Wir Künstler Gisela Griem, Wolfram Schmidt, Toni Kobler, Wig Bäuml und ich
Bilder auf Leinwand und Baumwollstoff:
Trotzdem Bilder
Bilder anschauen ist eine Form der Meditation, die verlangt, dass man Strukturen erkennt und Zusammenhänge von Formen und Farben ergründet. Ein gewisses historisches Gedächtnis mit Präsenz der Geschichte schadet nicht, um vorhandene Beziehungen für sich selbst herzustellen. Bilder zu betrachten wäre eigentlich die beste Unterhaltung in einer Zeit ohne Zeit.
Lange Jahre ist es ungeschriebenes Gesetz gewesen, dass Kunst in Serien entstehen müsse - fast gleiche Farbe, gleiches Format, gleiches Thema, gleiche Struktur. Dahinter verbirgt sich die Meinung, der Künstler, die Künstlerin müsse sich selbst finden, was auch immer das bedeuten mag: Dummheit, mangelnde Flexibilität, fehlende Ideen oder ausstellungstechnische Gründe, der Wiedererkennungswert als Markenzeichen oder paraindustrielle Fertigung. Ich habe auch Serien gemacht bei den Pseudokaligraphien, früheren Radierungen und den Frauenbildern. Ich mache sie nicht mehr, weil mir meine Zeit kostbar ist und es mir langweilig wird, immer nach der gleichen Methode zu arbeiten. Über dieses Thema kann ich lange streiten. Da sind die Meinungen kontrovers.
Zu meiner Kunstarbeit gehört immer das Spiel als wesentlicher Faktor, das Ausprobieren, wie wirkt dies oder das. Kann ich die Farben und Formen oder die Strukturen verändern oder klappt es nicht. Mit meinen großen Leinwand-Bildern will ich meistens darüber hinaus etwas sagen, ein Statement abgeben, was in der Regel nicht die Bestätigung des Bestehenden bedeutet. Meine Bilder ecken an und stören die Gemütlichkeit, obwohl ich genau berechne, wie Farbe, Form und Material wirken. Böse Themen gestatten nach meiner Meinung nicht Chaos in der Malerei. Ein Bild ohne erkennbare Ordnung ist kein Bild. Ich überlege mir am Anfang immer die Farbskala, den Farbbereich, in dem ich malen will und rühre mir dann Töpfe mit Farbe an. An manchen Kompositionen habe ich sehr lang gefeilt und viele Entwürfe gemacht. Manchmal weiß ich wie es geht gleich am Anfang. Dann ist das Malen ziemlich spontan.
Die Motorradfahrer aus den 80er Jahren hatten das Thema, Vibration und Geschwindigkeit. Doch meine Kunst-Kollegen rümpften die Nase, weil ich mich angeblich dem Markt anpasste und dem damals verpönten Sport diente. Dieser Meinung steht gegenüber: Bilder, die Probleme aufgreifen, sind höchstens etwas für das Museum. Das erträumte schöne Menschenbild, das die Kirchen einst schmückte, ist in der Kunst passee. Es existiert heute nur mehr in der Werbung als digital bearbeitetes Foto, gewissermaßen als Unterwäsche-Marienbild. Ich will andere, individuellere Formen entwickeln, die ihre eigene künstlerische Logik haben. Offenbar klebe auch ich am Bild des Menschen, das nach dem Holocaust totgesagt wurde. Pflanzen und Landschaften fehlen bei meinenArbeiten seit Jahren seit vielen Jahren. Ich habe eine große Vorliebe beim Malen für Variationen zum Thema Mensch und Tier. Ich will reduzieren, aber gleichzeitig eine neue Ordnung schaffen, anders als in der Werbung, die dem klassischen Schönheits-Kanon huldigt. Parallel zu den großen abstrakten Papierarbeiten habe ich Mensch- und Tierkompositionen in ziemlich großem Format gemalt, wobei Schichten von Untermalungen transparent und halb-transparent durchscheinen und eine nichtillusionistische Tiefenperspektive auf der Bildfläche ergeben. Genau genommen pendle ich immer zwischen mehr abstrakter Form und mehr gegenständlicher Form.
Umrisse werden für mich wichtig, ebenso das Zeichenhafte und Abstrahierte. Ich reduziere auf Balken, Bänder und Flächen, um nicht zu direkt zu sein. Mein Bestreben war z. B. , Symbole der Frauenbewegung schaffen, die sich ins Bewusstsein einprägen sollten, aber nicht unmittelbar weh tun wie ein realistisches Bild z. B. „Das Mädchen auf dem Tahirplatz“, 2011 etwa, oder Frauen in Afghanistan „Zugriff auf sie“. Das ideologische Einpacken und Auspacken nur von Frauen – niemals von Männern – fasziniert mich und ich versuche es in eine mehr grafische Form zu bringen. Die nicht endende Diskussion um Rocklängen, Halsausschnitte, Hauben und Hüte liegt auch bei uns noch nicht lange zurück.
Weil ich immer am Experimentieren bin, versuche ich ständig meine bildnerischen Möglichkeiten zu erweitern und neue Aspekte hinzu zu fügen z. B. mit dem Bild „Bärbeißige mit Blume im Mund“, bei dem der Untergrund einbezogen wird. Dazu gehört auch „der Mann, der sich ins Ohr piekst“ auf dem gleichen Grund, aber mit Firnis übergemalt und mit Bleistift-Zeichnung ergänzt. Andere Bilder haben eine fast unendliche Geschichte der Unter- und Übermalungen hinter sich. Alle Bilder sind für mich Einzelstücke und geben Positionen an. Die Kompositionen zeigen glücklicherweise nie an, wie lang der Weg gewesen ist, bis Farbe, Form und Inhalt stimmen oder annähernd stimmen. Dass vergangene Zeiten die Farbe verachtet haben, ist verständlich, z. B. im Historizismus oder sogar in hell-dunkel Richtungen des Barock: „Die Farbe öffnet der Sinnlichkeit und der Willkür Tür und Tor“ ( Zitat). Das mag richtig sein, aber konkret ist Farbe hinreißend und widerspenstig und ändert sich dauernd im Licht. Ja, es gibt nicht nur unendlich viele Farbwerte sondern auch Lichtvarianten und obendrein die Dunkelheit, in der man nichts sieht. Farbe trocknet immer sehr anders auf, als man es sich wünscht. Es dauert meist lange, diese Klippen zu überwinden und genau das zu bekommen, was in meiner Vorstellung existiert.